Pessimismus: Strategie zum Erfolg?

Geschrieben von:Liesa Nagel auf . Veröffentlicht in 2. Selbstmanagement

Pessimisten haben in unserer Gesellschaft nicht gerade einen guten Ruf. Warum es sich aber trotzdem lohnen kann, ihnen zuzuhören – und was Sie vom Pessimismus lernen können!

„Draußen scheint die Sonne, es ist angenehm warm, die Vögel zwitschern in den Zweigen. Was habe ich davon? Ich brüte im Büro! Wetten, am Wochenende regnet es? Wie jedes Mal. Und wenn nicht, dann grillt der Nachbar und der ganze Qualm zieht in mein Schlafzimmer herüber. Diesmal werde ich ihm aber was erzählen!“ – Kennen Sie das? Von jemandem aus Ihrem Umfeld oder doch eher von sich selbst? Das Leben ist nicht immer einfach und voller Fallstricke, wenn man eine eher negative Sichtweise hat.

Die Hälfte der Menschen sind Pessimisten

Aber machen Sie sich keine Sorgen! Nach Schätzung von Wissenschaftlern sind immerhin 50 Prozent der Menschen Pessimisten. Sie sind demnach nicht allein.
Aber was bringt die eine Hälfte der Bevölkerung dazu, das Glas stets als halb leer anzusehen, während die andere Hälfte es als halb voll empfindet? Warum wittert der eine Risiken und Unannehmlichkeiten, wo der andere Chancen und Freuden erwartet?
Der Hang zum Optimismus oder Pessimismus ist zumindest in Teilen genetisch verankert. Wie stark sich die eine oder andere Persönlichkeitseigenschaft individuell ausbildet, hängt von den Erfahrungen ab, die wir im Laufe des Lebens sammeln.

Kinder, die vielfach erleben, dass ihre Eltern sie vor echten Gefahren beschützen, und die gleichzeitig lernen, welche vermeintlichen Gefahren man gar nicht fürchten muss, erwerben eine gute Basis für eine positive Lebenseinstellung. Doch auch eine eher pessimistische, oft mit ängstlichen Gefühlen gekoppelte Haltung ist nicht zementiert. Wer wiederholt die Erfahrung macht, dass er selbst aktiv die Dinge zum Guten wenden kann, der kann damit seine Selbstwirksamkeitserwartung stärken. Beispiel: Ich werde meinem Kunden erklären, dass ich für das Projekt ein wenig länger brauche, als ursprünglich kalkuliert. Er wird mich verstehen und es werden keine Probleme daraus entstehen.

Ein gewisses Maß an Pessimismus ist sogar hilfreich!

Pessimismus zeigt sich in vielen Varianten und Abstufungen. Die verbreitete Meinung, dass Optimismus grundsätzlich gut und Pessimismus schlecht sei, lässt sich nach Erkenntnissen der Psychologie nicht halten. Der Extremfall, dass jemand die Welt ausschließlich in Schwarz sieht, dürfte eher selten vorkommen und könnte ein Hinweis auf eine behandlungsbedürftige Depression sein. Ein gewisses Maß an Pessimismus ist aber oftmals sogar sehr hilfreich im Leben. So gilt der „defensive Pessimismus“ als eine effektive Bewältigungsstrategie, um Herausforderungen zu meistern. Es ist eine Art Zweckpessimismus. Der defensive Pessimist malt sich hierbei aus, was in einer wichtigen und schwierigen Situation alles schiefgehen kann, und wappnet sich dagegen. Er ist auf nahezu alle Eventualitäten vorbereitet und hat immer einen Plan B. „Zum Kundengespräch nehme ich lieber eine Ersatzkrawatte mit. Vorsorglich, falls ich mich vor Aufregung vorher noch mit Kaffee bekleckere. Alle meine Referenzunterlagen habe ich auch in Kopie, sicher ist sicher. Und ich nehme die S-Bahn. Wer weiß, ob mein Auto nicht ausgerechnet heute Mucken macht?“

Sie sehen also, indem die defensiven Pessimisten sich das ein oder andere Worst-Case-Szenario ausmalen, motivieren sie sich zu noch größerer Vorbereitung und dazu, das Ziel noch hartnäckiger anzugehen! Eine nicht zu verachtende Erfolgsstrategie also. Reden Sie ihrem defensiv-pessimistischen Freund seine Sorgen also nicht immer einfach gleich aus. Denn das untergräbt ihre Erfolgsstrategie und führt tatsächlich oft zu schlechterer Leistung.

Leider sind Optimisten oft beliebter als Pessimisten

Sicher ist bei all dem Guten am Pessimismus: Pessimisten haben es insgesamt ein bisschen schwerer als Optimisten. Nicht nur, weil negative Gedanken sich unangenehmer anfühlen als positive, Pessimisten sind in der Regel auch einfach unbeliebter. Schwarzseher, Miesepeter und Spaßbremse sind hier nur einige der allgemein bekannten „Kosenamen“, die optimistischere Mensch gern mal verteilen, wenn sie beim Brainstorming mit Kollegen oder bei der Wochenendplanung im Familienkreis mit ihren spontanen Ideen und hochfliegenden Plänen an der „Mauer der Vernunft“ eines Pessimisten abprallen.

Der Pessimist sieht sich als Realist

Die meisten Pessimisten würden sich jedoch eher als Realisten bezeichnen, wenn man sie fragt. Immerhin erkennten sie frühzeitig Probleme und Gefahren und bewahren andere davor, blind hineinzulaufen.

Unternehmer tun daher gut daran, die verschiedenen Sichtweisen ihrer Mitarbeiter und Kunden strategisch klug einzusetzen. Im Finanzcontrolling ist beispielsweise ein eher pessimistischer Typ Mensch von Vorteil, in der Innovationsabteilung der vor Begeisterung sprühende Optimist. Und auch innerhalb einer Abteilung oder eines Projekts ist es sinnvoll, beide Sichtweisen zu berücksichtigen. Wenn alle begeistert sind und sofort loslegen wollen, sobald der Vorgesetzte das neue Projekt vorstellt, fühlt sich der Chef zwar gebauchpinselt, und die Aufbruchsstimmung bringt viel positive Energie in die Mannschaft, doch auch die Einwände der Behutsamen sind hier sehr wertvoll. Aber auch hier macht, wie immer in zwischenmenschlicher Kommunikation, der Ton die Musik. Wenn Sie einen Einwand vorbringen wollen, überlegen Sie sich im Vorhinein, wie Sie ihn möglichst diplomatisch, aber auch direkt äußern können, damit niemand sich vor den Kopf gestoßen fühlt.

Beide Sichtweisen sind sinnvoll

Ob im eigenen Unternehmen oder der Familie: Die optimistische Betrachtungsweise sollte möglichst nicht direkt in Konkurrenz zur pessimistischen Sicht treten. In der Regel schaukeln sich beide Parteien dann nur gegenseitig hoch und es ergibt sich kein Lösungsweg. Denn ob das Glas nun halb voll oder halb leer ist: Faktisch haben beide Seiten Recht.

Nehmen Sie also durchaus auch einmal in ihrem Alltag sowohl die Rolle des Pessimisten, als auch die des Optimisten ein. Beides hat seine Vorteile und kann Sie beruflich, wie privat nach vorne bringen!

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